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425 Jahre Wiesenscheibe

Das jährliche Schießen auf die Wiesenscheibe geht nach alten Überlieferungen auf das 1583 zurück (siehe Bericht von Kurt Mühlenbrink weiter unter). Am Sonntag den 06. April 2008 wurde zum 425ten Mal auf die Wiesenscheibe geschossen. Traditionell findet dieses Schießen im Schützenhaus Osterwald U/E statt. Es können sich alle Bürger aus beiden Osterwalder Ortsteilen beteiligen die ein Grundstück (eine Hausnummer) in Osterwald besitzen. Auch Oberender Schützen nahmen an diesem Schießen teil, haben den Sieg aber knapp verpasst. Unser Schützenbruder Heiko Münkel erzielte mit einem Teiler von 86,5 Ring den 3. Platz vor Heinz-Henning Feise (72,3 Ring) und Friedhelm Dahle, (36,5 Ring) der nun für 1 Jahr Besitzer der "Wiese" ist.
Der Heimatverein Osterwald nahm in einer ganz besonderen Ausstattung an dem Schießen teil und wollte damit an die Zeit vor der Gründung der Schützenvereine, als die teilnehmenden Schützen noch im Sonntagsstaat des 19. Jahrhunderts am Wettkampf teilnahmen, erinnern. Mit schwarzen Zylindern, dunklen Anzügen, roten Fliegen und einer weißen Nelke im Knopfloch marschierten sie als Bürgerkompanie von der Dorfmitte am Gießelmannhof zum Unterender Schützenhaus. Begleitet wurden sie hierbei vom Musikverein Osterwald U/E, deren Musiker unser Schützenbruder Dieter Öhm mit unserem Schützenbus vorher eingesammelt hatte.
Hier haben wir einige Fotos von diesem Tag zusammengestellt.

 

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425 Jahre Wiesenscheibe zu Osterwald (6.04.2008)

Das jährliche Schießen auf die Wiesenscheibe geht nach alten Überlieferungen auf die besondere Rechtsstellung des Hagendorfes Osterwald zurück, auf das Hagenrecht. Seit Gründung des Dorfes Osterwald waren die Bauern frei und hatten das Recht und sogar die Pflicht eine Waffe zu tragen. Sie mussten sich in deren Gebrauch üben und ihrem Landesherren bei kriegerischen Streitigkeiten zur Seite stehen. Bereits im Jahre 1583 wurde das Wiesenscheibenschießen urkundlich erwähnt und die Wiese als Preis für den besten Schützen genannt. Die Schützenfeste in Osterwald nahmen damals eine Ausnahmestellung in unserer Region ein. Dies wird aus alten Kirchenrechnungen abgeleitet. Hier heißt es 1588
Von der Schützenwisch hatt die Kirch jehrlich einzunehmen zwölf Groschen.
und 1601
Die Schützenwiese gibt Jehrlich zwölf Groschen.
So handelte es sich bei dem Schützenfest um ein Freischießen nach städtischem Vorbild, das mit Sonderrechten der Einwohner und ihrer persönlichen Freiheit ebenso im Zusammenhang stand wie mit der Wehrerfassung des späteren Mittelalters. Daher scheint es weniger verwunderlich, dass in einer Musterliste Herzog Erich I. für den Garbsener Raum vorwiegend die Namen von Osterwaldern verzeichnet sind. Nachforschungen gehen davon aus, dass die zu erhaltene Wiese eine Stiftung der Äbtissin Jutta von Wunstorf aus dem Jahre 1360 war. Wunstorf lag damals im Herrschaftsbereich der Grafen von Rohden, die bis 1241 auch Stadtherren von Hannover waren und dann von den Welfen weiter nach Norden abgedrängt wurden. In diese Zeit fällt auch die erste urkundliche Erwähnung von Osterwald in einem Gütervertrag der Grafen von Lauenrode (wie sich ein Zweig der Familie von Roden jetzt nach einer Burg nannte) und dem Bischof von Minden, der den Grafen das Lehen mehrerer Orte, darunter Osterwald bestätigte. Die enge Verbindung von Osterwald zu Wunstorf und der Äbtissin Jutta von Wunstorf wird auch daraus abgeleitet, dass ein Geistlicher, Hermann von dem Osterwolde, Inhaber des Michaelslehen und Vikar der Michaelskapelle um 1400 war. Dieser Hermann war ebenfalls Kanoniker im Stift Wunstorf unter der Leitung der Äbtissin Jutta von Wunstorf, eine Tochter des Grafen Johann von Wunstorf. Sie hatte der Michaelis Kapelle 1370 eine Reihe von Gütern, darunter war auch der Zehnte von Bredingsfeld, geschenkt. Die Bredingsfelder sind dann später nach dem Sturz der Wunstorfer Grafen nach Osterwald ausgezogen, da es zu dieser Zeit leichter war, sein Abhängigkeitsverhältnis zu lösen. Die Stiftung der Schützenwiese war sicherlich auch dazu gedacht, die Osterwalder an ihre Pflicht zu erinnern, die Wunstorfer Grafen bei kriegerischen Fehden zu unterstützen.

Schon immer gab es Versuche, bis in die heutige Zeit, die Schützenwiese den Osterwaldern streitig zu machen, da machen die modernen Raubritter aus Garbsen keine Ausnahme. In Unkenntnis der Voraussetzung wurden immer wieder Versuche unternommen die Schützenwiese für die Kirche oder Gemeinde zu beanspruchen; aus diesem Grunde zog sogar die Landesregierung mehrmals Erkundigungen darüber ein, ob in anderen Orten Freischießen und Schützenfeste althergebracht waren. Das Amt Ricklingen erklärte auf eine entsprechende Anfrage am 4. September 1733
dies sei nur bey dem eintzigen Dorffe oder sogenandten Hagen Osterwald der Fall. Hier gebe es für den besten Schuß die Schützenwiese, während des Festes müsse eine halbe Tonne Bier aufgelegt werden und seit uralter Zeit erhalte die Kirchenkasse den bewussten Wiesenzins von 12 Groschen.
Diese Nachforschung stand im Zusammenhang mit strengen Verboten für das Freischießen aufgrund der ständig auftretenden Raufereien. Daraufhin wurde voraussichtlich folgendes beschlossen: Am 30.September 1733 wurde auf Befehl des Ministers von Harenberg die Schützenwiese verpachtet; die Kirche sollte die Pacht einziehen und zum Besten der Armen anwenden. Aber die Bewohner weigerten sich bei der öffentlichen Versteigerung mit zu bieten; aus diesem Grunde erhielt Pastor Wahrendorff den Zuschlag, da von ihm das höchste Gebot gekommen war. Diese Versteigerung erfolgte ab 1734 regelmäßig; doch die Osterwalder boten nicht mit und die Bewohner aus den Nachbardörfern zogen es ebenfalls vor, darauf zu verzichten. Seit 1710 gab es wegen vieler Streitigkeiten immer wieder Verbote und Neuaufnahmen des Osterwalder Schützenfestes. Am 6.Juni 1710 untersagte Kurfürst Georg Ludwig das Scheibenschießen mit der Begründung
dass sie viele desordres (Unordnung) zum öfftern hätten verursachet und zum Gesöff und allerhand liederlichen Händeln Anlaß gegeben.
Dieses Verbot galt bis 1741, danach wurde das Schützenfest wieder erlaubt, jedoch schon 1750 abermals verboten und 1751 wieder gestattet. Nach dem Einmarsch der Franzosen erging 1803 erneut ein Verbot der Schützenfeste. Vor 1750 sollen im Dorfe zeitweise bis zu sechs Schützenfeste jährlich veranstaltet worden sein. Der Grund war, das viele junge Leute im Pferdehandel unterwegs waren, gut verdienten und es nach großen Entbehrungen bei ihrer Rückkehr "so richtig krachen lassen" wollten. Dies wurde bald wieder verboten, und man kam zu der Regelung, das Schützenfest und Wiesenschiessen in Osterwald wie eh und je Wiesenschießen wieder zu Pfingsten stattfinden zu lassen. Auch nach der Gebietsreform 1831 wurde diese Regelung beibehalten.

In einer Überlieferung vom 27.April 1790 heißt es:
Es befindet sich die Dorfschaft Osterwald seit sehr langer, nicht zu bestimmenden Jahren in dem Besitze, alljährlich zu Pfingsten ein öffentliches Frey- und Scheibenschießen unangefragt, und ohne desfalls etwaige Erlaubniß beym Amte zu suchen, bey sich halten dürffen zu.....
Zur Herkunft der Schützenwiese heißt es weiter:
es handele sich um eine Wiese von etwa zwei Fuder Heu (ca. 2 Morgen) welche von dem jeweiligen so genandten Schützen Könige oder dem besten Manne geerntet wird, wovon selbiger in die Kirche daselbst 12Mgr.(Mariengroschen) geben und zum Besten der dasigen armen Kinder eine halbe Tonne Bier öffentlich auflegen muß....
Wir haben uns bemühet, den Grund dieses Herkommens und verjährten Besitzes aufzufinden, und deshalb Erkundigungen von alten Leuten eingezogen, welche aber davon selbst nichts Genaues anzugeben wissen und läufft desfalsige Aussage nur etwa darauff hinaus, dass gedachte Dorffschafft von hoher Königl. Landes Regierung hierzu eine spezielle Erlaubnis vor langen Jahren auff ihr besonderes unterhäniges Ansuchen erhalten habe.
Es ist also anzunehmen, dass die Osterwalder zu dieser Zeit bei Schützenfesten immer auf die Wiesenscheibe geschossen haben; und zwar alle Osterwalder, eine Aufteilung der Bürger nach Oberende sowie Unterende gab es bis 1830 nicht. Immer wieder vorgefallene handfeste, oftmals auch blutige Streitigkeiten führten 1798 schließlich dazu, dass das Amt Ricklingen feste Regeln für die Veranstaltung aufstellte. Nur Hauswirte aus Osterwald oder ihre volljährigen Söhne (damals 25 Jahre) hatten sich pünktlich um 01:00 Uhr auf dem Schützenplatz einzufinden. Stellvertreter wurden nicht als Schützen zugelassen. Bei Streitigkeiten über den besten Schuss sollte das Amt entscheiden. Bei Beginn von Streitigkeiten musste die Scheibe in das Haus des Untervogst geschafft werden. Danach musste die Scheibe durch Vorsteher und Vogt dem Amtmann vorgezeigt werden. Ob dies im folgendem Fall auch so war, ist nicht überliefert: Beispielsweise gab es 1883 Streitigkeiten, als zwei Schüsse im Zentrum lagen, die von Haase und Deeke abgegeben worden waren. Mit Zirkel und Winkel konnte ermittelt werden, dass Deeke besser getroffen hatte. Die vom Amt festgelegten Regeln wurden vor dem Schießen verlesen und wurden in der Bauerlade aufbewahrt.

Eigentlich rissen die Klagen über Schlägereien und Raufereien nicht ab, und allem Anschein nach ging es dabei wirklich nicht immer sehr friedlich zu. Das Amt fasste in einem Bericht die Verhältnisse wie folgt zusammen:
Eigentlich beteiligten sich fast immer nur Jugentliche an den Zwistigkeiten. Bei den rohen Sitten, die von den Osterwaldern auf ihren Reisen und dem Pferdehandel angenommen würden, sei dies kaum verwunderlich. Bei einem Überfall, wird berichtet, haben 9 Jugendliche drei andere geschlagen und verwundet.
Drei der Beschuldigten seien jeweils ein Jahr zum Karreschieben nach Hameln geschickt worden. Das war eine Verurteilung zum Zuchthaus. Hierbei können wir nun wirklich nicht sagen waren es Ober- oder Unterender. Die Feste fanden nach der Überlieferung nur durch Unterbrechung in Kriegszeiten oder aufgrund von Verboten abgesehen – regelmäßig statt. Durch die Gründung der Schützenvereine Osterwald O/E 1910 und Schützenverein Osterwald U/E 1914 wurden höchstwahrscheinlich die Königsscheiben eingeführt. An dem Termin, das Schützenfest zu Pfingsten stattfinden zu lassen, hielten beide Vereine fest; ebenso auf das Schießen auf die Wiesenscheibe. Erst nach 1945 wurde die Pfingstregelung geändert: Im Wechsel wurden die Feste jeweils 14 Tage vor Pfingsten bzw. nach Pfingsten gefeiert. Man spürte wohl die Konkurrenz. Die Wiesenscheibe wurde allerdings immer beim Schützenfest in Unterende ausgeschossen. Die Proklamation wurde auf dem Festzelt vorgenommen: Der beste Mann wurde mit einem frischen Eichenlaubkranz geschmückt. Die Scheibe wurde vor der Abendbrotszeit verbracht, war es ein Oberender, musste der Schützenverein Osterwald U/E die Musik bis zur Grenze stellen. Von daran übernahmen die Oberender Musiker den besten Mann. Eine zünftige Feier war gewiss. Leider ist nicht überliefert ob nach der Gebietsreform und vor der Gründung der Vereine, von 1830 bis 1910 zwei Schützenfeste in Osterwald O/E u. U/E stattfanden. Diese Feste wurden von sogenannten Oberschützen, die frei gewählt wurden, organisiert. Eine Vereinszugehörigkeit gab es nicht. Rückblickend können wir in Osterwald stolz darauf sein, solch eine lebendige Tradition zu haben. In Neustadt, Wunstorf oder Hannover gab es auch sogenannte Schützenwiesen als Preis für den besten Schützen. Aber sie existieren nicht mehr und die Tradition ist verloren gegangen. Durch die Lage der Wiese, in der heutigen Gemarkung Osterwald U/E, (Parzelle Flur 2, Flurstück 416 und 417- verzeichnet in der Mutterrolle Nr. 105 und 106, Größe 3.641 qm und 2.759 qm) ist davon auszugehen, dass das Schießen um diese Wiese immer in deren Nähe stattgefunden hat. Vielleicht sogar das gemeinsame Schützenfest.

Mit dem Ratsbeschluss vom 25.11.1971 hat der Rat von Osterwald O/E die Eigentumsrechte an die Gemeinde Osterwald U/E abgetreten. Die Vereine wurden nicht befragt. Es dauerte bis zum 14. Februar 1974 bis die Schützenwiese im Grundbuch für Osterwald U/E eingetragen wurde. Danach wurden viele Ansprüche an die Verwendung der Schützenwiese gestellt, z. B. von Kirche und Jagdgenossenschaft. Leider beteiligten sich die Schützenvereine als Rechtsnachfolger der damaligen Zweckberechtigung daran nicht. 30 Jahren nach der Eintragung ins Grundbuch wäre dieser Einspruch 2004 verjährt. Umso mehr besteht die moralische Verpflichtung der jetzigen Stadt Garbsen, als Rechtsnachfolger der Gemeinde Osterwald U/E diese Tradition zu erhalten mit allen Rechten und Pflichten. Darum sollten wir stets darauf achten, dass die Osterwalder Schützenwiese als fester Bestandteil dieser Tradition auch in Zukunft erhalten bleibt. Der Versuch der Stadt Garbsen, diese Wiese zu verkaufen, wurde 2005 von beiden Schützenvereinen und dem Ortsrat Osterwald/Heitlingen abgewiesen und dabei sollte es bleiben. Der Schützenverein Osterwald U/E ist der Wahrer dieser Tradition; er hat ein hohes Maß an Verantwortung für dieses jährliche Schießen. Außerdem sollte er nicht in den Bemühungen nachlassen, alle Osterwalder Bürger im Sinne der Statuten zu begeistern und mit einzubeziehen.
Zusammengetragen von Kurt Mühlenbrink
Ehrenvorsitzender des Schützenvereins Osterwald O/E
1. Vorsitzender des Heimatvereins Osterwald